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Berufsbild

Berufsbild des Schul- und Kindergartenarztes/-ärztin

Ziel der Waldorfpädagogik ist es, die Schülerinnen und Schüler so zu begleiten, dass sie sich gesund entwickeln und dabei ihr individuelles Potential bestmöglich entfalten können.
Um die Lehrer/-innen bei diesem salutogenetischen Prozess zu unterstützen, liegt es von Anfang an im Konzept der Waldorfschulen, dass die Wahrnehmung des einzelnen Kindes durch den Lehrer/-in ergänzt werden sollte durch die Wahrnehmung des Arztes oder Ärztin. Während der Lehrer/-in primär die geistig-seelische Ebene des Kindes betrachtet, richtet sich der Blick des Schularztes/-ärztin in erster Linie auf das Leiblich-Konstitutionelle. Aus der gemeinsamen Betrachtung kann sich ein vertieftes Verständnis für das Wesen und die Entwicklung des einzelnen Schülers ergeben. Daraus können gegebenenfalls pädagogische oder therapeutische Maßnahmen abgeleitet werden. In Anbetracht der immer größer werdenden Zahl von Kindern mit chronischer Erkrankung und Entwicklungsauffälligkeiten ist dieses Anliegen aktueller denn je.

Auf der Grundlage der anthroposophischen Menschenkunde werden individuelle Entwicklungsbesonderheiten der Kinder sowie Lernschwierigkeiten möglichst frühzeitig wahrgenommen und entsprechende Hilfen angeboten, um diese zu überwinden.
Der Schularzt oder die Schulärztin ist dabei Berater der Lehrer/-innen in allen therapeutischen Maßnahmen, die im Rahmen ihres pädagogischen Wirkens im Schulalltag erfolgen können. Er steht außerdem im engen Austausch mit den Eltern.

An einigen Waldorfschulen existiert neben dem Schularzt/ der Schulärztin ein Therapie- und Förderkreis mit den Möglichkeiten von Förderunterricht, Heileurythmie, Sprachgestaltung, Bothmergymnastik oder Rhythmischen Einreibungen. Im Therapiekreis arbeiten Schularzt/-in, Förderlehrer/-in und Therapeuten/-innen eng zusammen.
Hier werden ganzheitliche Therapie- und Fördermaßnahmen angeboten, um die Lernvoraussetzungen für jegliches Lernen zu verbessern. Ziel ist es, geeignete Übungsformen zu finden, die helfen Lernhindernisse zu überwinden und den Anschluss an den Regelunterricht zu ermöglichen sowie das Selbstgefühl der Schüler und Schülerinnen positiv zu beeinflussen.

An vielen Schulen existiert bislang wenig Bewusstsein für die Möglichkeiten einer Pädagogisch-medizinischen Zusammenarbeit, so dass vor allem in finanziell angespannten Situationen an den Schulen andere Schwerpunkte gesetzt werden. Andererseits gibt es zu wenig anthroposophische Ärzte/Ärztinnen, die sich inhaltlich und zeitlich eine Zusammenarbeit mit einer Waldorfschule vorstellen können. Ein großes Potential liegt in der Elternschaft unserer Schulen. Häufig interessieren sich Eltern, die Ärztinnen oder Ärzte sind, für die schulärztlichen Aufgaben und arbeiten sich in diese Tätigkeit ein. Um diese Einarbeitung zu unterstützen, wurde in den letzten Jahren eine berufsbegleitende Weiterbildung für Schul- und Kindergartenärzte/-ärztinnen konzipiert, in der Grundkenntnisse in Anthroposophischer Medizin, Entwicklungsphysiologie und Waldorfpädagogik erworben werden. Dazu gehören der Austausch mit erfahrenen Pädagogen/-innen, aber auch Kenntnisse in Heileurythmie und Kunsttherapie. Es ist ein weitgefächertes Spektrum, das sich Schulärzte/-innen als Ärzte/Arztinnen für Präventivmedizin aneignen müssen.

 

Tätigkeiten des Kindergartenarztes:

Besonders in Baden-Württemberg sind seit der Einführung der verpflichtenden „ESU 1“, der Einschulungsuntersuchung Teil 1 im vorletzten Kindergartenjahr, anthroposophische Ärzte als Kindergartenärzte für diese Untersuchung in Waldorfeinrichtungen tätig. Aber auch ohne diese äußere Notwendigkeit sind Kolleginnen und Kollegen in Waldorfkindergärten engagiert, um im Sinne der Prävention und Entwicklungsunterstützung die Erzieher/Innen durch den Blick auf die leibliche Konstitution, die gerade in diesem Alter häufig noch instabil ist und einer besonderen Pflege bedarf (z.B. Ernährung, Entwicklung der unteren Sinne, Schlaf), zu beraten. Nicht selten hospitieren Schulärzte im Kindergarten, um Kinder im Übergang zur Schule wahrzunehmen und zu unterstützen.

 

Tätigkeitsbereiche des Schularztes:

  • Schuleingangsuntersuchungen
  • Untersuchungen in der 2. und 4. Klasse als Entwicklungsstandsuntersuchungen
  • Elternabende zu schulärztlichen Themen (z.B.: 9. Lebensjahr, Pubertät)
  • Sprechstunden für Lehrer und Eltern zu Schülerfragen
  • Untersuchungen von Schülern auf Anfrage der Eltern
  • Sprechstunden für Schüler, insbesondere der Oberstufe
  • Konferenzarbeit mit Lehrern
  • Erste Hilfe
  • Hospitationen in Unterricht und Therapien
  • Zusammenarbeit mit Therapeuten/ Mitarbeit im Therapie- und Förderkreis der Schule
  • Evtl. Unterricht zu Menschenkunde, Erste Hilfe, Sexualkunde

Die Tätigkeit des Kindergarten- und Schularztes umfasst also Entwicklungsdiagnostik, Begleitung, Förderung und Therapie vom Säuglingsalter bis zum Ende der Schulzeit. Für die Tätigkeit braucht es grundlegende Kenntnisse im Bereich der Prävention und Salutogenese, sowie die Bereitschaft die Grundlagen der Waldorfpädagogik zu erarbeiten als ein essentieller Bestandteil dieses Berufs.